Jetzt fliegen sie wieder. Der morgendliche Nebel weicht schnell der aufziehende Sonne und über den letzten Wolkenfetzen, die sich vergeblich an die Hügel klammern, spannt sich ein makellos blauer Himmel. Die Frische des Morgens und Tau auf den Blättern kündigen uns einen klaren Herbsttag an. Nichts, von meinen staubigen Brillengläsern abgesehen, trübt den Blick auf die benachbarten Hügel und heute nachmittag, das wissen wir jetzt noch nicht, werden wir auf der Heimfahrt einen grandiosen Blick auf die Kette der Eisriesen zwischen Manaslu und Khumbu gewährt bekommen.
Gleich wird wieder hoch über unseren Köpfen der emsige Flugverkehr einsetzen, der schon gestern mittag begonnen hat, als endlich nach fast einer Woche die dicke Wolkendecke aufriss und alles was Flügel hat sich aufmachte hat um die angestauten Touristen aus Lukla zurückzuholen. Kanyapani liegt unter der Flugroute.
Wir sind gestern abend nach 2,5-stündigem Fußmarsch hier angekommen. Nachdem uns unser Fahrer in Nepalthok ausgeladen hatte mussten wir als erstes den Fluss durchwaten. Die einheimische Bevölkerung war mit Hallo und Gelächter gleichfalls mit der Überquerung beschäftigt. Wir wurden aufmerksam beobachtet und sicher hätte man gerne zuhause erzählt, wie ein Bleichgesicht im Fluss baden gegangen ist. Aber diesen Gefallen taten wir den Eingeborenen nicht und blieben oberhalb der Knie trocken. Bei Christa und Anita ging das Wasser noch ein wenig höher.
Unsere spontanen Gastgeber in Kanyapani, dieselben, bei denen schon Julia und Marcus untergekommen waren, nahmen uns überaus gastfreundlich auf. Nach einem liebevoll zubereiteten und natürlich reichlichen Dhal Bat räumten sie für uns die Schlafkammer, so dass Anita und Christa sogar in den Genuss eines richtigen Bettes kamen. Ich nahm gerne zusammen mit meiner Isomatte und dem Schlafsack mit dem Fußboden vorlieb, der ist immerhin lang genug.
In diesem Bauernhof leben vier Generationen unter einem Dach. Die Oma weiß ihr genaues Alter selbst nicht, ihr Urenkel ist gerade ein Jahr alt. Der Hof macht einen sehr sauberen, gepflegten und für hiesige Maßstäbe wohlhabenden Eindruck. Das übliche Vieh ist vorhanden: Büffel, Kühe, Ziegen, Hühner und Mäuse. Zum Frühstück holt uns der Hausbesitzer ein paar Papayas vom Baum.
Danach besucht uns der Leiter der örtlichen Schule, der in Abwesenheit des VDC Secretary wohl die Respektsperson im Ort ist. Mit ihm verabreden wir die nächsten Schritte zur Vorbereitung des Stakeholder Meetings, das wir für den 15.11. festlegen. Der VDC-Chef, der in wichtigen Geschäften im Distriktzentrum Manthali weilt, muss halt dann telefonisch von unserem Vorhaben unterrichtet werden. Zur Ankündigung des großen Ereignisses malen wir zwei Aushänge, von denen einer am Tempel und der andere an der Schule festgemacht wird. Außerdem wird der Lehrer alle Schüler beauftragen, ihre Eltern zu benachrichtigen.
Jetzt ist es zwar immer noch früh am Tag, dennoch müssen wir uns auf den Rückweg machen, denn nach dem Abstieg steht uns noch die langwierige Busfahrt in die Hauptstadt bevor. In der klaren Luft des Morgens scheint die Aussicht auf die Rückkehr in den Smogtopf von Kathmandu wenig verlockend. Dennoch müssen wir sie unternehmen damit Euch diese Zeilen erreichen können.
Wir haben bisher alle Kapitel Deiner diesmaligen Nepal-Reise mit großem Interesse und Freude an den Ausführungen gelesen. Bitte bleib dran! Grüße – H & G