Dank des weltumspannenden Internets erfahren wir auch im fernen Kathmandu von den Sorgen, die Deutschland bedrücken. Enorme Wasermassen ergießen sich über die Republik, Fische machen sich im Vogelhäuschen breit und meine Tochter bekommt nasse Füße beim Geburtstagfeiern. Es ist also Zeit, einen solidarischen Gruß aus Nepal nach Deutschland zu richten, sozusagen einen 8000km weiten Regenbogen zu spannen mit der Nachricht: Hier ist es auch nicht anders.
Zum zweiten Mal während unseres Aufenthalts erleben wir zwei Tage mit praktisch ununterbrochenem Regenfall. Mal leise rieselnd, mal heftig schauernd kommen die Fluten vom Himmel. Für den Stadtbewohner ist es eine Wohltat weil Staub und Dreck aus der Luft ausgewaschen werden und sich nach langer Zeit wieder das Gefühl des freien Atmens einstellt.
Neben unserem Hotel liegt ein kleiner Acker, vor dem noch vor zwei Wochen einige Maiskeimlinge ums Überleben kämpften. Heute stehen die Pflanzen hüfthoch und streben weiter unserem Appartment im 4. Stock entgegen.
Der Zugang zum Hotel führt über ein Stück Brachland, das sich von einer Wüste in eine Feuchtwiese verwandelt hat, in der jetzt Ziegelsteine ausgelegt wurden damit man einigermaßen trockenen Fußes von einem zum anderen Ende hüpfen kann. Dabei ist Vorsicht geboten. Eine bisher unterrepräsentierte Bevölkerungsgruppe ist dabei, sich der Stadt zu bemächtigen. Bei jedem Schritt kommt Bewegung in die Wiese. Nach rechts und links springen Frösche zur Seite und wir versuchen zu schweben damit sich keiner unter unsere Fußsohlen verirrt.
Hinter dem Hotel ist eine Fläche, auf der normalerweise Kinder und Jugendliche ab Sonnenaufgang, d.h. tatsächlich 5:30 Uhr, den Fußball jagen. Damit ist jetzt Schluss. Das Gelände hat sich in einen See verwandelt. Nur ein schmaler Streifen am Rand des Gewässers ist bespielbar und die Lust, den Ball ständig aus dem Wasser zu fischen, ist offensichtlich begrenzt. Wasserball ist auch in Nepal eine Randsportart – wörtlich.
Die Hunde haben sich mit triefender Nase in trockene Ecken verzogen, verhalten sich ruhig und überlassen akustisch anderen das Feld. Der Tümpel hinterm Haus ist zum nächtlichen Treffpunkt der Amphibien geworden, die dort ab Sonnenuntergang ihr Kommunikationsbedürfnis ausleben. Wir sind den Fröschen dankbar, dass sie die Stechmückenpopulation niedrig halten. Der in unserem Zimmer ansässige Gecko scheint mir übrigens ziemlich faul zu sein. Aber warum können die Quaker nicht schweigend essen?
Seit Tagen sind die Handwerker im Hotel. Im letzen Jahr wurde im 5. Stock eine Dachrinne angebracht, die verhindern soll, dass sich der feuchte Segen ungehindert auf die Terrassen der darunter liegenden Stockwerke ergießt. Leider konnte aber die Regenrinne dem ersten kräftigen Gewitter nicht stand halten und hat sich einfach fallen lassen. Wer konnte auch am Anfang der Trockenzeit ahnen, dass es einmal wieder kräftig regnen würde? Jetzt wird alles wieder neu befestigt. Es lebe die nepalesische Handwerkskunst!
Heute früh haben wir zum ersten mal seit zwei Tagen einen kleinen Streifen blauen Himmels gesehen. Mit dieser hoffnungsfrohen Nachricht beschließe ich den feuchten Bericht und wünsche Euch in Deutschland ein trockenes Pokalendspiel.