Am dritten Tag unseres Aufenthalts machen wir uns auf den Weg, ein paar weiter entfernte Wards (Dorfteile) zu besuchen. Wie dringend hier der Bedarf für einen Arzt ist, wird uns vor Augen geführt, als uns zwei Frauen begegnen, die seit 3 Stunden auf dem Weg zum Doktor sind. Vishnu, der uns begleitet, macht auf dem Fuße kehrt und begleitet die beiden zum Health Post. Er wird uns später mit Hilfe seines Einsatzfahrzeuges, einem betagten japanischen Motorrad, wieder einholen.
Wir treffen uns zwei Stunden später an einem alten Tempel auf der Spitze eines Hügels. Kultur und Landschaft in harmonischer Verbindung, welch ein beeindruckender Augenblick. Ein wenig wird die Idylle durch Vishnus Erzählung gestört. Er berichtet, dass jedes Jahr am 9. Tag von Darsai hier hunderte von Büffeln und Ziegen geopfert werden. Wenigsten ist es aber Vorschrift, die Tiere mit einem Streich zu töten. Ein großer Teil des Fleisches wird an die Armen verteilt. Tröstet uns das?
Unterhalb des Heiligtums leben Vertreter der marginalized Volksgruppen. Die Häuser sind deutlich einfacher, die Lebensumstände sichtlich schwieriger. Gleich groß ist aber die Freundlichkeit mit der wir empfangen werden. Später, wieder im Gebiet der besser gestellten Bewohner, werden wir zu einer laufenden Andacht – das heißt hier Puja – hinzugebeten. Der Hausbesitzer ist extra für diese Puja von seinem wichtigen Job in Kathmandu herbei geeilt. Er ist eine bedeutende Persönlichkeit und wird wahrscheinlich der nächste District Development Officer von Gulmi sein. Welch ein Kontrast! Hier erreicht uns ein Anruf, dass beim Health Post mehrere Patienten warten. Es hat sich herumgesprochen, dass ein „american doctor“ im Dorf ist. Den wollen sie sehen.
Wir brauchen noch 1,5 Stunden um wieder den Health Post zu erreichen. Vishnu ist schon mit seinem doctor’s vehicle vorausgeeilt. Die meisten Patienten sind aber noch da und warten auf die Wunderdinge, die die weiße Doktorin jetzt an ihnen verrichten wird. Nun, sie seufzt und macht sich ans Werk.
Tags darauf ist der Strom der Patienten bereits so stetig, dass an eine längere Unternehmung abseits des Health Post nicht mehr zu denken ist. Wichtig scheint den Menschen vor allem zu sein, dass sie von Katharina gründlich untersucht werden. Die psychologische Wirkung dieses Vorgangs ist dem Heilungsprozess bestimmt zuträglich.
Zwischendurch nehmen wir uns ein wenig Zeit, um den Ofen in Vishnus Haus zu besichtigen. Wir erinnern uns: REPA ist ja seit einiger Zeit in Gulmi tätig. Dieser Ofen wurde von ihnen gebaut. Vishnu sagt aber, dass immer noch einiges an Rauch in die Küche gelangt und das wäre noch nicht zufriedenstellend. Nach eingehender Untersuchung diagnostiziert der German Ofendoktor starke Unebenheiten in den Sitzringen für die Töpfe, so dass durch die Zwischenräume zum Topf Rauch in den Innenraum entweicht. Als Therapie wird eine Generalüberholung der Topflöcher vereinbart. Die Operation soll morgen über die Bühne gehen. Jetzt geht’s aber erst mal wieder an die Arbeit am Health Post.
Der Zeitplan unseres letzten Tages in Banjhakateri sieht die Abreise am frühen Nachmittag vor. So bleibt am Vormittag Zeit für die ärztliche Tätigkeit im Health Post und die Schöheitschirurgie am Lehmofen. Vishnu und ich lassen den american doctor mit den Patienten allein. Vishnus Schwester bereitet den Lehm an und in kurzer Zeit sind die Sitzringe für die Töpfe wieder glatt wie neu. Eigentlich hätte die Ofenbauerin den neuen Besitzern diese Wartungsaufgabe erklären und nahelegen sollen. Das hat sie aber offensichtlich nicht getan. Unsere Ofenbauer sollten das besser machen.
Noch einmal ordentlich mit Dal Bhat abfüllen, dann werden die Zelte abgeräumt und das Auto bepackt. Vor uns liegen jetzt einige Stunden Holperstrecke nach Sandhikharka. Dort werden wir wieder eine Teerstraße erreichen, die uns morgen ins laute, chaotische und versmogte Kathmandu führen wird.