Tulasi`s Hochzeit

Trotz aller Aktivitäten um die Wahl werden die religiösen Feste und Opferungen unbehindert durchgeführt.

In meiner Gastfamilie wurde vergangene Woche, wie überall, Tulasi s Hochzeit gefeiert. Deutliches Zeichen für dieses Fest sind die mit Blumengirlanden geschmückten Tulasi Pflanzen vor jedem Haus.

Der Tulasi Strauch, (Ocimum tenaiflorum) heiliges Basilikum, wird überall als eine Form von Gott Vishnu verehrt und darf in keinem Haus fehlen. Man sagt den Bättern ungewöhnlich starke Reinigungskraft nach die sogar Sünden wegwaschen kann.

In den Göttergeschichten des Sostani Buches wird erzählt dass Gott Vishnu von der Witwe eines seiner Gegner beschuldigt wurde mit unfairen Mitteln gekämpft und gesiegt zu haben. Gott Vishnu erkannte seine Schuld an und als Strafe entschied er  für eine bestimmte Zeit als Pflanze zu leben. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich darauf das jährliche Fest der Pflanzenhochzeit.

Die Gläubigen Hindus pflegen die Tulasi Pflanze über viel Monate lang besonders und vollziehen  tägliche Poojas (Gottesdienste) die einem Lebenslauf ähnlich sind, bis hin zur Hochzeit als Höhepunkt. Hochzeit ist auch im wirklichen Leben der Zeitpunkt an dem die Verantwortung der Eltern für die Kinder abgegeben wird.

Ein Höhepunkt war diese Pflanzenhochzeit dann auch wirklich. Ich erwachte etwa 4 Uhr in der Frühe und hörte schon Stimmen und Aktivitäten im Haus. Schnell wurde klar der Hauspriester war schon in Aktion getreten und hatte den Platz vor der Pflanze vorbereitet und mit einem schönen Ornament aus Reismehl dekoriert. Zahlreiche Opfergaben wie Reis, Korn, Obst, kleine Geldscheine, Öllampen und verschiedene Dinge wie Feuerholz, Joghurt und Blumen waren bereitgelegt. Aus dem Tempelraum unterm Dach des Hauses wurden die Götterfiguren und die heiligen Wassergefäße gebracht. Dann begannen der Priester und der Hausherr die Zeremonie. Die Hausfrau reichte entsprechend die gewünschten Gegenstände in den „heiligen Bereich“. Mich erinnerte alles an eine wirkliche Hochzeit. Der Priester entzündete ein Feuer in der Mitte des Platzes und begann im Heiligen Buch zu lesen, wobei er Anweisungen an den Hausherren gab und durch das gesamte Ritual leitete. Da gab es „Anbetungen“ und Opfergaben, es wurde das Feuer mit Öl angefacht und wieder mit Kräutern abgelöscht. Der Hausherr hat viele kleine Dinge, immer unter der Anleitung des Priesters, zu tun. Im Laufe der Feier wurde es langsam hell und das heraufkommende Licht brachte eine besondere Stimmung. Tulasi, die Pflanze wurde mit einem orangefarbenem Stoff „eingekleidet“ und mit Öl-Lämpchen umstellt, immer wieder mit heiligem Wasser bespritzt und mit Reis beworfen, wie auch bei richtigen Hochzeiten.

Insgesamt dauerte die ganze Zeremonie 2,5 Stunden und ich bin sehr dankbar dass ich dabei sein konnte. Als äußeres Zeichen bekam am Schluss jeder Teilnehmer einen Tikka (roten Punkt) auf der Stirn und eine heilige Schnur (Baumwollfaden) um das Handgelenk gewickelt. Der Priester packte schnell seine Sachen zusammen, bekam als Lohn den Reis, das Getreide und das Obst, welches benutzt wurde und natürlich auch ein Entgelt für seinen Dienst. Schon verabschiedet er sich und eilt zum nächsten Tulasi Hochzeitstermin. Bis zu 6 Hochzeiten schafft ein Priester an diesem Tag.

Das anschließende Hochzeitsessen ist „Dhai-Chaamal“, Joghurt mit verschiedenen Gewürzen und Früchten und mit rohen Reiskörnern. In jedem Haushalt gibt es an diesem Tag Joghurt und so nennt man den Tag auch „Dhai-Chaamal kane din“ (der Tag an dem man Joghurt und Reis ißt)

Tulasi wird noch ein paar Tage weiter mit Lichtern und Opfergaben bedacht, dann ,nach dem Vollmond, ist die Verantwortung der „Eltern“ abgelaufen und es tritt wieder der Alltag ein, wie im wirklichen Leben.

 

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