Orkantief Christian hat meine Reisepläne ganz schön durcheinander gewirbelt. Als klar wurde dass es sich dabei nicht nur um einen starken Wind handelt, habe ich die Insel fluchtartig verlassen, weil evtl. die Fähre ihren Betrieb einstellen würde.
Und wie richtig war diese Entscheidung. Übernachtung in Husum bei auf flauendem Sturm mit Orkanböen am Morgen, Zugverspätung von Anfang an. Mein Zug kommt von Westerland und auf dem Hindenburgdamm bläst es schon ordentlich. Bis Frankfurt gab es dann mehrere Stopps wegen Sturmschäden, aber irgendwie hatte ich noch Glück, wenn man die Nachrichten aus ganz Europa betrachtet. Jedenfalls kam ich rechtzeitig am Air India Schalter an.
Der Flug nach New Delhi durchquerte dann noch mehrere Sturmausläufer, aber alles ging gut. 30 Grad C. in Delhi und diesig ohne Ende – die werden doch wohl nicht in der Stadt alle auf Lagerfeuern kochen???
Weiterflug nach Kathmandu. Für mich ist es ja wie nach Hause kommen, und doch erschlägt mich der Verkehr mit einer Wucht die man nicht beschreiben kann. Die dreispurige Straße vor dem Airport wird wie immer mit sechs Autos nebeneinander befahren. Zusätzlich springen die Fußgänger dazwischen herum. Ein Wassertanker hat einen defekten Tankverschluss und versprüht das kostbare Trinkwasser auf die Straße. 22 Motorräder quetschen sich zwischen LKW, Bus und PKWs und drängeln sich durch. In der Mitte von allem steht eine Politesse mit tadelloser Uniform und Frisur, schiebt die Pfeife unter den Mundschutz und pfeift immer wieder laut aber nutzlos in das Chaos hinein.
Alle Sinne sind angesprochen und überreizt, das kann man nur mit hinduistischer Gelassenheit aushalten.
Neu und zusätzlich sind die Aktivitäten des Wahlkampfes. Am 19. November ist die nationale Wahl und damit kommt der Wahlkampf genau jetzt in die heiße Phase. Wie in Deutschland gibt es Plakatwände in jeder Größe und Ausprägung, aber hier zeigt man zusätzlich am Auto oder Moped seine Gesinnung durch die entsprechenden Fähnchen. Dann kommt dazu das wenige der 101 zugelassenen Parteien die Wahl verhindern oder wenigstens verschieben möchten (weil sie gerade nicht so sehr in der Gunst der Menschen stehen, und Stimmenverluste drohen) Solche Gruppierungen stören und behindern die großen und kleinen Veranstaltungen der gegnerischen Parteien. Diese Veranstaltungen wiederum werden lautstark angekündigt. Dazu baut man einen überdimensionierten Lautsprecher auf ein kleines Auto, setzt möglichst viele, und ich meine wirklich viele, Personen rein und lässt sie abwechseln in das Mikrophon schreien.
Leider geht es im Zuge des Wahlkampfes auch an vielen Orten kämpferisch zu. Bombendrohungen und Schlägereien sind an der Tagesordnung, die Polizei ist massiv verstärkt unterwegs . Im Fernsehen wird stolz berichtet über die Ausbildung einer Art Bürgerwehr zu Unterstützung der Polizei. Hohe Politiker werden gehindert an Veranstaltungen teilzunehmen durch Straßensperren und Blockaden , was dann natürlich den gesamten Verkehr stillstehen lässt . Eigentlich ist es unbeschreiblich wie eine Wahl das ganze Land behindern kann.